Wie ein Fest nach langer Trauer!
von Dietmar Sommer
Wie plötzlich ein altbekanntes Lied für mich eine neue Aussage bekommt.
Es ist schon einige Jahre her. Da standen wir nun, vor uns eine mächtige Tür aus Metall, unüberwindbar. Vor dem Tor stapeln sich zahlreiche Kisten und einige Mitarbeiter aus verschiedenen Jugendkreisen warten. Dann geht das schwere Tor auf und wir können mit allem hinein. Vor uns die nächste mächtige Tür aus Metall. Auch die ist fest verschlossen. Und geht erst auf, wenn die andere hinter uns fest verschlossen ist. Es sollten nicht die letzten Türen an diesem Tag sein, die wir passieren und immer wieder der gleiche Ablauf. Wir sind im Knast! Das Klappern von dicken Schlüsselbunden ist hier die Hintergrundmusik.
Zusammen mit Aad Peters, einem Puppenspieler aus den Niederlanden, hatten wir an diesem Abend eine Veranstaltung, bei der er christliche Geschichten mit seinen Puppen erzählt. Aber er wollte vorher eine Veranstaltung für die Gefängnisinsassen in Detmold machen. Da waren wir inzwischen mitten im Knast in Detmold. Auch die kleine Kapelle war natürlich abgeschlossen.
Nachdem wir alles aufgebaut hatten, die Gitarre war gestimmt, gingen die Türen auf und ca. 25–30 „Knackis“ kamen erst zögerlich dann doch zügig in die Kapelle. Wir, die Mitarbeiter wollten ein paar Lieder singen, bevor Aad Peters mit seinem Programm begann.
Da standen wir nun vor den Insassen, meine Finger etwas feucht vor Aufregung, vor dem etwas anderem Publikum. Es war eine etwas beklemmende Situation, für uns so unerfahrene Knackis, es herrschte ein etwas rauher Tonfall.
Während der Proben war es mir nie aufgefallen, aber in dieser Situation mit dem Publikum blieben mir die Finger auf der Gitarre fast kleben und die Worte im Hals stecken. Aber wir kamen trotzdem durch. Wie ein Fest nach langer Trauer,
wie ein Feuer in der Nacht.
Ein offnes Tor in einer Mauer, hier sind die Mauern sehr dick
für die Sonne aufgemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen, das erleben die Insassen oft
wie ein unverhoffter Gruß.
Wie ein Blatt an toten Zweigen
ein-ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.
Ref.: So ist Versöhnung,
so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung,
so ist vergeben und verzeihn.
So ist Versöhnung, so ist vergeben und verzeihen. Das sind starke Worte im Gefängnis. Wo meist nur das Gesetz des stärkeren zählt. Versöhnung, vergeben und verzeihen, das sind Werte, die außerhalb dieser Mauern eher zu finden sind.
2) Wie ein Regen in der Wüste,
frischer Tau auf dürrem Land.
Heimatklänge für vermisste,
alte Feinde Hand in Hand.
Wie ein Schlüssel im Gefängnis,
wie in Seenot – Land in Sicht.
Wie ein Weg aus der Bedrängnis
wie ein strahlendes Gesicht.
Als in der 2. Strophe der Satz kam, wie ein Schlüssel im Gefängnis habe ich kurz zu unseren Zuhörern geschaut, die aber im Gegensatz zu mir ganz entspannt blieben. Später sind wir noch mit einigen Insassen ins Gespräch gekommen. Für sie war es ganz toll, dass wir zu ihnen in das Gefängnis kamen. Bei mir hat dieses Lied seit dem Tag eine etwas andere Bedeutung. Immer denke ich an die Menschen dort im Gefängnis, wo es viele Schlüssel gibt, aber der Schlüssel in die Freiheit dreht sich viele erst nach vielen Jahren wieder. Die vergebene Liebe Gottes durch Jesus Christus wird viele nicht erreichen, aber vielleicht konnten wir mal einen kleinen Anstoß zum Nachdenken geben.
So ist Versöhnen, Vergeben und Verzeihen, es ist für uns jeden Tag aufs Neue wichtig diese Worte zu leben. Dann kann bei uns jeden Tag ein wenig mehr Friede einkehren. Jesus Christus will unser Begleiter sein, er ist der Meister im Versöhnen, Vergeben und Verzeihen. Nur dort ist der wahre Friede und sonst nirgends.
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